Vertretung der juristischen Personen bei Verhandlung mit den Arbeitnehmern
Wir möchten Sie hiermit informieren, dass es zu einer Entwicklung der Rechtsprechung bezüglich Auslegung der Regeln des Bürgerlichen Gesetzbuches (weiter nur „BGB“) gekommen ist, und zwar im Bereich Vertretung der juristischen Personen bei Verhandlung mit den Arbeitnehmern (d.h. beim Abschluss der Arbeitsverträge, Vereinbarungen über Beendigung des Arbeitsverhältnisses, Kündigungen u.ä.) Diese Neuigkeit bezieht sich insbesondere auf Aktiengesellschaften, aber auch auf die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, deren Geschäftsführer ein Kollektivorgan bilden. Die Regelung bezieht sich also nicht auf die GmbHs, deren Statutarorgan einzelne Geschäftsführer sind.
Die Grundregel des § 164 Abs. 3 BGB lautet:
„Hat die juristische Person mit einem kollektiven Statutarorgan Arbeitnehmer, muss ein Mitglied des Statutarorgans mit Rechtshandlungen gegenüber den Arbeitnehmern beauftragt werden, sonst übt diese Funktion der Vorsitzende des Statutarorgans aus.“
Gemäß einem Beschluss des Obersten Gerichts der Tschechischen Republik, der unter Nr. R 20/2016 veröffentlicht wurde, muss lediglich ein Mitglied des Statutarorgans mit Rechtshandlungen gegenüber den Arbeitnehmern beauftragt sein. Falls es nicht zu einer derartigen Beauftragung kommt, übt diese Funktion der Vorsitzende des Statutarorgans aus. Das auf diese Art und Weise beauftragte Mitglied des Statutarorgans muss dann als solcher Beauftragter in das Handelsregister eingetragen werden. Die Eintragung des Beauftragten ins Handelsregister ist auch dann erforderlich, wenn diese Tätigkeit vom Vorsitzenden des Statutarorgans (also ohne eine direkte Beauftragung) ausgeübt wird. Sinn und Zweck dieser Regel ist die Erhöhung der Rechtssicherheit der Arbeitnehmer und zukünftiger Arbeitnehmer. Wäre der Beauftragte (wenn es nicht der Vorsitzende ist) nicht im Handelsregister eingetragen, könnte der Arbeitnehmer bona fide annehmen, dass der Vorsitzende des Statutarorgans ihm gegenüber Rechtshandlungen vornehmen kann. Noch komplizierter wäre die Rechtslage bei den GmbHs, deren Geschäftsführer gemäß dem Gesellschaftsvertrag (Gründungsurkunde) ein Kollektivorgan bilden, ohne dass dessen Vorsitzender gewählt wurde. Das könnte zu Streitigkeiten über Rechtswirkungen der Rechtshandlungen, die von einem zwar beauftragten aber nicht im Handelsregister eingetragenen Mitglied des Statutarorgans vorgenommen wurden.
Wichtig ist auch, dass sich die im Gesellschaftsvertrag (der Gründungsurkunde) verankerte und im Handelsregister eingetragene allgemeine Art und Weise der Vertretung der juristischen Person nicht auf Rechtshandlungen gegenüber den Arbeitnehmern bezieht. Das gilt auch für das oft angewandte Vier-Augen-Prinzip. Eine „zusätzliche“ Unterzeichnung der Rechtshandlung durch ein weiteres Mitglied des Statutarorgans (im Einklang mit dem Vier-Augen-Prinzip) wird natürlich keinen Einfluss auf die Rechtswirkungen der von dem beauftragten Mitglied vorgenommenen Rechtshandlung haben.
Die Regelung der Vertretung der juristischen Person durch ein beauftragtes Mitglied des Statutarorgans beeinträchtigt jedoch nicht die Möglichkeit, dass Rechtshandlungen gegenüber die Arbeitnehmer durch andere Vertreter vorgenommen werden (z.B. Personaldirektoren, die gemäß der Unterschriftsordnung der Gesellschaft damit beauftragt wurden).
Eine durch eine unberechtigte Person (z.B. zwei Mitglieder des Vorstands im Einklang mit dem allgemeinen Vier-Augen-Prinzip ohne dass einer von diesen das beauftragte Vorstandsmitglied ist) vorgenommene Rechtshandlung gegenüber den Arbeitnehmern könnte als nichtig beurteilt sein.
Sollten Sie nähere Informationen brauchen oder Rechtsbeistand bei Beauftragung des Mitglieds des Statutarorgans und dessen Eintragung ins Handelsregister brauchen, stehen wir Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung.
Mgr. Veronika Bočanová